Arbeitsprobe: Bewerbungsunterlagen









Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine eigene Kanzlei und würden einen neuen Anwalt einstellen wollen. Sie schalten also eine Anzeige, und ein paar Tage nach deren Erscheinen erhalten Sie erste Bewerbungen. Sie sind sehr gespannt und hoffen, dass viele interessante Kandidaten dabei sind. In der ersten Bewerbung finden Sie ein sehr ansprechendes Anschreiben mit scheinbar allen wichtigen Dokumenten. Doch der Blick auf die Anrede im Anschreiben desillusioniert schnell:

Hier werden nicht Sie, sondern Frau Mustermann angesprochen, die Personalleiterin eines Ihrer Konkurrenten. Aus den nächsten Unterlagen grinst Ihnen ein Bewerber entgegen, der seinen Fotografen offensichtlich auf eine Party mitgenommen hat. Das nächste Anschreiben strotzt nur so vor Rechtschreibfehlern. Auch in IhremSocial Media-Account sieht es nicht besser aus. Viele Nachrichten erhalten Sie noch nicht einmal mit einem Hinweis, dass sich die Unterlagen im Anhang befinden. Andere schicken 24 angehängte einzelne PDF-Dokumente, deren Bearbeitung - wenn sie sich dann haben öffnen lassen - im zweistelligen Minutenbereich dauert. Sicher hätte keiner dieser Kandidaten bei Ihnen eine Chance, zum Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden. Wenn es also darum geht, Ihre eigene Bewerbung bei potentiellen Arbeitgebern ins Spiel zu bringen, gibt es eine Reihe von sowohl formalen als auch inhaltlichen Punkten, die Sie unbedingt berücksichtigen sollten.

Die erste Hürde im Bewerbungsprozess – aufgrund hervorragender Bewerbungsunterlagen zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden –, ist sicherlich eine Besondere, da sie darüber entscheidet, ob man Ihnen überhaupt die Möglichkeit gibt, sich persönlich zu präsentieren und damit überzeugen zu können. Denn Sie liefern damit eine allererste Arbeitsprobe ab. Und diese sollte gut durchdacht und vorbereitet sein.


Sind Sie angekündigt?

Dass Sie sich über die Kanzlei, bei der Sie sich bewerben möchten, gut informiert haben und auch in deren Anforderungsprofil passen, setzen wir voraus. Auch dass Sie den richtigen Ansprechpartner, in der Regel Human Resources, gefunden haben und idealerweise Ihre Bewerbung bereits durch ein Telefongespräch, auf das Sie sich im Anschreiben beziehen können, angekündigt haben. Dies ist besonders bei Inititiativbewerbungen von Vorteil. Es ist dringend davon abzuraten, die Bewerbung an mehrere Personen im Hause zu schicken, da dies zu unnötigen Koordinationsproblemen führt. 

Maßgeschneidert oder Serienbrief?

Um dann inhaltlich aus der Masse der Bewerbungen heraus zu stechen, sollte das Anschreiben auf die jeweilige Kanzlei zugeschnitten sein. Im Idealfall lässt sich eine Verbindung zwischen der eigenen Person und der Position, auf die man sich bewirbt, herstellen, z.B. durch bereits erworbene praktische Erfahrung. Das Anschreiben sollte nicht länger als eine DIN A4 Seite lang sein. Hier bekunden Sie Ihr Interesse an der von Ihnen angestrebten Position, legen kurz Ihre Motive dafür dar und geben einen kurzen Überblick zu Ihrer Person. Nennen Sie dort außerdem, wie Sie auf die ausgeschriebene Position oder die Kanzlei aufmerksam geworden sind, welches Fachgebiet und welcher Standort für Sie in Frage kommt und weisen Sie auf etwaige terminliche Einschränkungen im Falle eines zu vereinbarenden Vorstellungsgesprächs hin.


Der Lebenslauf, im Gleichgewicht: Was muss rein, was darf und was nicht?

Der Überblick zu Ihrer Person wird anschließend im Lebenslauf detailliert ausgeführt. Hier erwartet der Leser ausführliche Informationen zu Schulbildung, Studium, praktischer Erfahrung, besonderen Kenntnissen, wie z.B. Sprachkenntnissen und sonstigen Besonderheiten, die Ihre Qualifikation ausmachen. Fast eine kleine Herausforderung, dies auf zwei bis drei Seiten zusammenzufassen. Fakten, wie Kontaktdaten, Geburtsdatum, Familienstand sowie Angaben zu Schulausbildung, Studium und Examensergebnissen lassen sich relativ leicht zusammenfassen. Dabei ist es wichtig, sich nicht im Detail zu verlieren. Etwas ausführlicher können Sie dann gerne werden, wenn es um die Darstellung Ihrer bisherigen praktischen Erfahrungen geht. Diese sollte sich allerdings auf Stichpunkte beschränken, die die wesentlichen Tätigkeiten wiedergeben. Wird hier das Interesse des Lesers geweckt, kann er sich anhand des entsprechenden beiliegenden Zeugnisses ein genaueres Bild machen. Legen Sie grundsätzlich bei Ihren Ausführungen den Schwerpunkt auf Bereiche, die für die Position eine Rolle spielen. Schließlich geht es dem Leser in erster Linie darum, Ihre Qualifikationen mit den Stellenanforderungen abzugleichen. Dennoch sollten auch Aspekte, die Sie für Ihre berufliche und persönliche Entwicklung und Ihre Person als solches für ausschlaggebend halten, auf jeden Fall Eingang in Ihren Lebenslauf finden. So zeigen beispielsweise besondere Kenntnisse außerhalb Ihres Studienfaches, dass Sie vielseitig interessiert und gedanklich flexibel sind. Auslandsaufenthalte, die nicht unbedingt 'fachlicher' Natur waren, können Ihre Sprachkenntnisse belegen - die aber in jedem Fall gesondert mit dem entsprechenden Niveau aufgeführt werden sollten. Die Angabe Ihrer Freizeitbeschäftigungen kann unter Umständen Aufschluss über Ihr soziales Engagement und Ihre Teamfähigkeit geben oder einfach ein interessanter Anknüpfungspunkt im späteren persönlichen Gespräch sein. Dies gilt beispielsweise auch für Abschnitte Ihres Werdegangs, die nicht dem 'regulären' Verlauf entsprechen. Lassen Sie diese auf keinen Fall aus, denn dann wird der Leser den Lebenslauf als unvollständig empfinden und sich zwangsläufig fragen, wie Sie diese Zeit verbracht haben. Im schlimmsten Fall wird er annehmen, dass Sie diese Zeitspanne bewusst ausgelassen haben, und dies negativ bewerten.

Machen Sie sich insgesamt bewusst, dass der Leser im Lebenslauf nur die wesentlichen Informationen zu Ihrer Person erfahren möchte. Details kann er, bei Interesse, in Ihren Zeugnissen und Bescheinigungen nachschlagen oder später, im Bewerbungsinterview persönlich erörtern. Es geht darum, die Fakten darzustellen und durch prägnante Stichpunkte beim potenziellen Arbeitgeber 'Lust' zum Nachfragen zu wecken. 

Beim formalen Aufbau des Lebenslaufs sollte die zeitliche Reihenfolge eingehalten werden - diese kann vom jüngsten Ereignis chronologisch rückwärts führen oder umgekehrt. Hilfreich und für den Leser sehr übersichtlich ist eine Untergliederung in Kategorien. Achten Sie auch hier auf die chronologische Reihenfolge. Sollten Sie sich bei einer Kanzlei bewerben, sind natürlich die im Lebenslauf angegebenen Examensnoten von besonderer Bedeutung - allerdings spielt ein stringenter und interessanter Lebenslauf, der vorhandene Vorkenntnisse und Ihr besonderes Interesse an der angestrebten Position dokumentiert, ebenfalls eine erhebliche Rolle.

Die Anlagen - ein Suchspiel?

Ein weiterer Punkt, den Sie nicht vernachlässigen sollten, ist der Anhang, der zu jeder vollständigen Bewerbung gehört. In diesem sollte man antichronologisch die Dokumente finden, die Ihre Ausbildung und Ihre bisherigen praktischen Erfahrungen belegen. Dazu zählt das Abiturzeugnis, die Zeugnisse der beiden Staatsexamen, Stationszeugnisse des Referendariats sowie gegebenenfalls Weiterbildungsbescheinigungen und Zertifikate über Zusatzqualifikationen. Sie sollten möglichst in einem einzigen PDF-Dokument zusammengefasst sein.

Und wie auch Kleider Leute machen, ist bei einer Bewerbung nicht nur der Inhalt wichtig, sondern auch eine grafisch ansprechende, aber bspw. nicht verspielte Form. Eine Bewerbung, die nur aus einem Email-Anhang ohne Anschreiben besteht, nimmt die Hürde des guten ersten Eindrucks in der Regel leider nicht.


Feedback einholen: lieber von Freunden als vom Personalchef...

Als Feinabstimmung ist es empfehlenswert, Anschreiben und Lebenslauf von einer unabhängigen Person lesen und auf Lücken, Ungereimtheiten oder sonstige formale Fehler prüfen zu lassen. Jemand, der Sie gut kennt, wird Ihnen leicht sagen können, ob sich Ihre Person in diesen wenigen Seiten ausreichend und zutreffend widerspiegelt. Und abschließend sollten Sie sich noch ein paar Minuten Zeit nehmen, um den Ansprechpartner, das Anschreiben und die Vollständigkeit der Unterlagen zu kontrollieren. Nichts ist ärgerlicher, als aufgrund eines vermeidbaren Fehlers eine Absage zu bekommen. Wenn Sie final der Meinung sind, dass Sie Ihre eigene Bewerbung auch bei einer Vakanz in Ihrer imaginären eigenen Kanzlei in die engere Auswahl nehmen würden, dann steht dem Absenden nichts mehr im Wege.

Von Diane Manz


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