Ein gegenseitiges Geben und Nehmen

Als Sponsee im Sponsorship-Programm

Von Anahita Thoms

Viele Mentor*innen und Unterstützer*innen standen mir zur Seite, in der Schule, im Tennisverein, an der Uni, in den Kanzleien, in denen ich gearbeitet habe. Von diesen Personen durfte ich viel lernen. Mentor*innen, die an die Fähigkeiten und Visionen ihrer Mentees glauben und gleichzeitig kritisches und ehrliches Feedback geben, sind meiner Erfahrung nach ein entscheidender Schlüssel bei der persönlichen und beruflichen Weiterentwicklung. Denn nur wer sich fortwährend weiterentwickelt, wird langfristig Erfolg haben.

Daher war es ein Privileg, 2018 das “LIFT - Leaders Investing For Tomorrow”-Programm, ein zwölfmonatiges Leadership-Programm unserer Kanzlei als Sponsee durchlaufen zu dürfen. Ziel des Programms ist es, Teilnehmerinnen nachhaltig für weitere Führungspositionen aufzubauen. Um im Programm aufgenommen zu werden, muss man bestimmte Voraussetzungen in puncto Performance, Internationalität und Offenheit für innovative Ansätze erfüllen. Zum Kick-off Meeting in Sussex, Großbritannien kamen alle Sponsees, viele Sponsoren und Executive Committee Mitglieder unserer Kanzlei zusammen. Im Fokus standen Themen wie New Work, Business Development (BD) und Leadership. Mit Hilfe von Design Thinking, einem lösungsorientierten Ansatz, der den Anwender in den Mittelpunkt rückt, entwickelten wir ein Bild, wie wir uns selbst als Anwältinnen sehen. Meine Wahl fiel auf ein Ei, das man von außen nach innen schält – mit dem Eigelb als die zentralen Themen, auf die ich mich fokussiere.

Mit meinem Sponsor, einem Senior Partner aus London, stand ich regelmäßig in Kontakt zu Themen wie Profitabilität, BD und Leadership. Er teilte sein Netzwerk mit mir und gleichzeitig brachte ich selbst Kenntnisse und Kontakte ein, von denen mein Sponsor beispielsweise im deutschen oder US-Markt profitieren konnte. Denn ein Mentorenverhältnis ist keine Einbahnstraße, sondern lebt von der Interaktion.

Das LIFT-Programm hat mir besonders deshalb so gut gefallen, weil man viele Frauen in diversen Büros kennen lernt, die in einer ähnlichen Situation sind, mit denen man auch nach Abschluss des Programms vielseitige Gespräche führen und sich gegenseitig unterstützen kann.

Aufgrund meiner überaus positiven Erfahrungen mit meinen Mentor*innen fühle ich mich verpflichtet und empfinde zugleich auch große Freude daran, selbst Mentorin für junge Kolleg*innen zu sein, meinen Erfahrungsschatz mit ihnen zu teilen und sie in ihrer Entwicklung zu begleiten.

Ich bin Mentorin in den verschiedensten offiziellen Programmen – inner- und außerhalb unserer Kanzlei, ebenso wie informell. Beispielsweise darf ich im Zuge des Sponsorship Program meiner exzellenten und hochengagierten Kollegin aus dem Berliner Arbeitsrechtsteam, Kerstin Schmiedel, unterstützend zur Seite stehen.

Das Sponsorship Program enthält keine fest vorgeschriebene Agenda, sondern ermöglicht eine Orientierung an den individuellen Anliegen und Bedürfnissen der Mentees. Entsprechend verstehe ich mich als Ansprechpartnerin für sämtliche Themen, seien es fachliche oder persönliche Fragen meiner Mentees.

Ein echtes Mentorenverhältnis entsteht nicht über Nacht, sondern über einen längeren Zeitraum, in dem kontinuierlich an der Beziehung gearbeitet und gegenseitiges Vertrauen aufgebaut wird. Der offene, aber stets vertrauliche Gedankenaustausch und die Diskussion mitunter verschiedener Sichtweisen muss stets möglich sein. 

Dabei kann ein Mentee sich selbstverständlich kritisch mit meinem Rat auseinandersetzen.

Auch wenn ich fast jeden Rat meiner Mentoren schnell und aus Überzeugung umgesetzt habe, kann ich aus eigener Erfahrung berichten, dass ich einem Karrieretipp eines Mentors – nämlich dem Thema Nachhaltigkeit keine große Bedeutung beizumessen und mich ausschließlich auf die klassischen Rechtsgebiete zu konzentrieren - nach genauer Analyse und respektvollem Diskurs nicht gefolgt bin, was sich im Nachhinein als richtige Entscheidung herausgestellt hat.

Die Beziehung zwischen Mentor*in und Mentee fasse ich bei alledem keineswegs als Einbahnstraße auf. Zum einen ist es wichtig, dass Mentees Eigeninitiative zeigen. Zum anderen können auch Mentor*innen vom Austausch mit ihren Mentees lernen und somit von dem Verhältnis profitieren. Ich glaube fest an das Potential der intergenerationalen Zusammenarbeit und dem Reverse Mentoring. Denn wir können alle voneinander lernen. Und nur wer aktiv zuhört und gerne dazu lernt, kann ein guter Mentor sein.


Anahita Thoms ist Partnerin bei Baker McKenzie. Sie leitet die deutsche Praxisgruppe für Außenwirtschaftsrecht und ist Global Lead Sustainability Partner für die Industriegruppe Industrials, Manufacturing and Transportation (IMT).


Dieser Beitrag ist erschienen im Newsletter 'Karriere-Jura', für dessen Bezug Sie sich auf dieser Seite eintragen  können.

Copyright Bilder: Baker McKenzie

Copyright Artikel: Dr. von Göler Verlagsges. mbH, 2022.

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